„Jo bitte, lei eina!!“, ruft Rupert Leikam auf das zaghafte Klopfen an der Holztür. Der Knappenberger pflegt ein offenes Haus. Besser gesagt: Eine offene Werkstatt. „Wenn ich da bin, kann jeder kommen und einmal schauen. Ich hab freilich nicht immer Zeit für eine Werkstattführung, aber im Schauraum hinten gibt’s auch ohne mich viel zu sehen.“
Man sieht es dem sympathischen Mann mit dem Toni-Sailer-Lächeln und dem blauen Arbeitsmantel nicht an, aber er ist tatsächlich der Letzte seiner Art: Der zurzeit einzige Zinngießermeister Österreichs, der die ebenfalls einzige Zinngießerei Kärntens betreibt. Die Blütezeit dieses Handwerks ist in unseren Breiten eigentlich seit dem 15., 16. Jahrhundert vorbei. Leikam kümmerte das von Beginn an wenig. Genau 100 Jahre, nachdem die letzte Zinngießerei in Kärnten geschlossen hatte, sperrte er seine im ehemaligen Bergbaudorf Knappenberg im Görtschitztal auf. So hält er nicht nur ein altes Handwerk am Leben, seine Zinngießerei ist auch ein wohltuend ungekünstelter Ort für spannendes Erleben und echte menschliche Begegnung.
Schimmernde Mitbringsel aus dem Görtschitztal
„Als gelernter Schlosser hab ich zehn Jahre in einer Zinngießerei in Salzburg gearbeitet. Aus einem Betrieb, der geschlossen wurde, hab ich dann die Maschinen gekauft – und bin zurück in die Görtschitztaler Heimat“, erzählt der Zinngießermeister, als er sich über den Schmelzofen beugt, wo gerade ein Barren Zinn in sich zusammenschmilzt. Gleich wird er die glänzende Flüssigkeit in eine Silikon-Form gießen und die daneben stehende Schleudergussanlage auf Touren bringen.
So entstehen die kleinen Mitbringsel, die sich viele aus dem Heinrich-Harrer-Museum in Hüttenberg, dem Jufa-Hotel oder dem Schaubergwerk in Knappenberg als Andenken mitnehmen: Kleine Zinnbuddhas und Yaks, der Endlosknoten, ein buddhistisches Glückssymbol, aparter Zinnschmuck oder Münz-Glücksbringer. Auch Vereine und Gemeinden schätzen Leikams Werkstücke und bestellen bei ihm Pokale und Teller. Und die großen Aufträge, wo handgearbeitete, aufwendige Zinnarbeiten nachgefragt werden, kommen auch oft aus dem Ausland. Fad wird ihm also nicht, dem Herrn Zinngießermeister.
Eine Werkstatt wie seinerzeit
Alle diese Zinnprodukte finden sich auch in seinem Schau- und Verkaufsraum gleich anschließend an seine Werkstatt. Wobei die allein schon einen Besuch wert ist. Die gusseisernen Kachelfenster erzählen von einer Zeit, als die Werkstatt noch als Tischlerei für den damals florierenden Bergbau genutzt wurde. Im Inneren führen schmale, verwinkelte Wege vorbei an Maschinen, Werkbänken, Lager- und Arbeitsplätzen, es riecht nach Feuer, Schmieröl und Metall, ein Radio brabbelt vor sich hin. Es wirkt genauso improvisiert wie praktisch, wenig elektrisch, viel echte Handarbeit. Solche Orte sind sehr selten geworden heutzutage. Wo sonst kann man in so eine ehrliche Werkstatt einfach hineinspazieren und dem Meister über die Schulter schauen? Rupert Leikam nimmt diese Begeisterung, wie es eben seine Art ist, gelassen lächelnd entgegen. Er sitzt vertieft an seiner Werkbank und gibt den kleinen Zinnfiguren per Hand den letzten Schliff.
Es ist unverkennbar: Dieser Mann hat Zeit.
Und auch damit ist er wohl einer der Letzten seiner Art…