Wo Kunst die Geschichte des Tales aufwertet – und umgekehrt
Das Görtschitztaler „Talmuseum“ in Klein St. Paul ist zugleich eine Dauerausstellung der Konzeptkunst Werner Hofmeisters, die als zeitgenössischer Reflektor der historischen Exponate fungiert. Dabei entsteht eine spannende Mischung an Objekten, die dieses Tal- und Quellenmuseum zu einem einzigartigen Ort macht.
Werner Hofmeister hat einen Künstlerkopf voller Ideen. Eine seiner besten, weil sie so breite Wirkung entfaltet, war es wohl, das altbekannte Konzepts eines „Talmuseum“ mit einer Dauerausstellung seiner persönlichen Konzeptkunst zu überschneiden. Beides findet im friedlichen Nebeneinander im Lachnitzhof in Klein St. Paul Platz.
Geschichte und Konstrukte
Entstanden ist dabei ein dritter Ort, in dem sich die wechselvolle, jahrtausendealte Geschichte des Görtschitztales in den künstlerischen Arbeiten Hofmeisters spiegelt – und umgekehrt. Wo alte Relikte der norischen Eisenerzeugung gezeigt werden (konkret: ein Schmiedeofen), gesellt sich die Installation Hofmeisters mit tanzenden Figuren dazu. Die Assoziation mit dem traditionellen Reiftanz der Hüttenberger Knappen ist sofort da, obwohl vom Künstler völlig uminterpretiert. Wie sehr Geschichte stets auch von ihren Schreibern konstruiert wird, zeigt der Raum „Quellengeschichte“: Werner Hofmeister hat darin vermeintliche „Nachweise“ seiner Quellenkultur – Markenzeichen ist der Buchstabe Q – in allen Zeitepochen zusammengetragen. Von Höhlenmalereien bis keltischen Keramiken. Ein witziger Denkanstoß, vor allem auch vorm Hintergrund der aktuellen Fakenews-Debatte.
Bezüge zum Görtschitztal
Der Anspruch des Künstlers, Bezüge zur Geschichte, den Geschichten oder der Landschaft des Görtschitztales herzustellen, begleitet den Besucher durch das ganze Museumsareal, auch im außen gelegenen Skulpturenpark. Ein lokaler Fund aus grauer Vorzeit – in Stein gehauene Doppelköpfe – findet im Park als Stahlinstallation eine unverkennbare Entsprechung. Die „Gebetsrakete“ stellt dringliche Anfragen an die höhere spirituelle Instanz dar. Und der „Himmelspflüger“, eine Art Wetterhahn in Form eines umgekehrten Traktorscherenschnitts, nimmt der Form nach offenkundig Anleihen bei den Gebetmühlen am Hüttenberger Lingkor.
Kultureller Kumulationsort im Tal
Alles scheint in diesem Tal- und Quellenmuseum miteinander verwoben, nichts steht für sich alleine. Insofern ist Werner Hofmeister hier noch ein weiteres besonderes Kunststück gelungen: Sowohl geschichtsinteressierten, als auch kunstaffinen Menschen einen Anziehungspunkt zu bieten. Mit dem jeweils anderen Bereich wird man als Besucher dann ohnehin konfrontiert. Man könnte auch sagen: Hier wird ein breit angelegter kultureller Bildungsauftrag übererfüllt. Auch ungeheuerlich subtile Art und Weise.
Neuigkeiten
Seit 2018 neu: Das Quellenmuseum wächst jährlich um Interventionen von Gastkünstlern. Im Juni 2018 ergänzte der „Reliquienschrein“ von Götz Bury an der Außenwand des Museums die Sammlung.
Außerdem gestaltete Werner Hofmeister die (zuvor eher unansehnliche) Garagenfront am Rand des Skulpturenparks mit einer Geschichte in seiner Bildsprache, die sich unter dem Leitsatz „Wir bitten dich, erhöre dich“ kritisch mit der vorherrschenden Informations- und Meinungsflut auseinandersetzt.